Kurz entschlossen, am nächsten Morgen ging es los. Ein Blick ins Internet versprach zwei interessante Rudertage. Von 9 Kursen ist die Rede, die Leipzigs Innenstadt mit dem Neuseenland und der Welt verbinden. Die Ruderfreunde Nieschütz haben es im sonnigen Oktober 2018 probiert. Boot aufs Dach und ab. Aber wo hin? Da ist von einem Stadthafen und einem Lindenauer Hafen die Rede. Ersterer soll mal werden, zweiter war mal. Alles ungeeignet. Zum Glück gibt es Rudervereine mit netten Leuten, die sich als Ausgangspunkt eignen.
Nun war ein halber Tag fast weg, also entschieden wir uns für eine Tour durch das Leipziger Plagwitz Viertel. Das wird vom Karl - Heine - Kanal erschlossen, dessen sehr schmale Einfahrt etwas versteckt liegt. Dieser tief in die städtische Landschaft eingeschlossene Kanal soll die Weiße Elster und Pleiße über den weiter führenden Saale - Elster Kanal mit der Saale verbinden. Es fehlen knapp 9 km, der 2. Weltkrieg verhinderte die Fertigstellung. Imposante, recht hohe Bogenbrücken und hohe Bürgerhaus - Fassaden prägen diesen Kanal. Wir ruderten als Zweier ohne und kamen zwischen Krautfeldern und Verleih - Kanus einigermaßen durch die engen Kurven. Tatsächlich ist seit kurzem dieser Kanal mit dem Lindenauer Hafen verbunden, der 60 Jahre ohne jede Wasserstraßen - Anbindung existierte. Es fehlen nur 75m zur Anbindung an den Saale - Elster Kanal. Dummer Weise ist da eine Bundesstraße im Weg, so ist es völlig ungewiss, wie es weiter geht. Am Hafen werden lediglich kräftig Wohnungen gebaut. Kraut ist hier, wie überhaupt im gesamten Revier ein echtes Problem. Auf der Rücktour ist eine Einkehr im Café "Mörtelwerk" zu empfehlen, zu erreichen über einen der zahlreichen Stege.
Der Nachmittag war noch lang, so ging es weiter auf Kurs Nr. 7 die Elster stromauf. Trotz Niedrigwasser konnte immer gut gerudert werden, die Strömung ist teilweise erheblich. Über die Jahre war es wahrscheinlich nicht von Interesse, dass ein Kanuverein den Fluss mit Betonringen und Wildwasser-Toren okkupierte, das Durchkommen mit dem Doppelzweier gegen die Strömung war recht sportlich. Kurz darüber eine "Umtrageeinrichtung", wie es in der Wasserwanderkarte Leipzig heißt. Diese Karte ist wohl z. Zt. die einzig brauchbare Karte, herausgegeben von "Pro Leipzig" und dem "Grünen Ring" Leipzig, Stand 2014. ISBN 978-3-9805368-8-2 Man sollte dort, am Teilungswehr Großzschocher, in das Elsterflutbett umsetzen. Ein Wagen sei empfohlen, denn der Weg um den dortigen Kanuclub ist weit. Im Unterwasser kriegt man wieder die Wildwasser-Tore um die Ohren, anschließend kann man ohne Hindernisse zurück zum Palmgartenwehr die Runde schließen. Dort geht es steuerbord durch eine sehr flache Brücke zum "Stadthafen", der sich lediglich als Kanuverleih entpuppt.
Als Standplatz für das Auto sei die Straße am Elsterflutbett empfohlen, die zur Rennbahn führt. Auch dort ein Kanu - Verleih, über dessen Steg man gut einsetzen kann.
Tag zwei sollte der "Neuseenlandschaft" gewidmet sein. Auch hier viel Geschwätz, doch immerhin auch einige Taten in Form von Wasserbauwerken. Am "Leipziger Eck" trennen sich Elsterflutbecken und Pleiße, in der man nach wenigen Metern die neue Schleuse Connewitz erreicht. Das ist eine Automatik Schleuse, die von 3 Personen einer Bürgerstiftung betreut wird. Diese haben allerdings keinerlei Eingriffsmöglichkeiten in den Schleusenbetrieb, schon gar nicht in die Betriebszeit, die im Oktober von 10 bis 16 Uhr festgelegt ist. Im Klartext heißt das Umtragen. Das Oberwasser empfängt den Ruderer mit einer sehr schönen Auenwald - Landschaft und nach einigen Kilometern zweigt ein Floßgraben ab. Gerade aus auf der Pleiße versprechen die Schilder die Weiterfahrt zum agra-Park und zum Markkleeberger See, von dem man wiederum in den Stromthaler See kommen kann. Schade nur, dass die Verbindung agra-Park zum See nicht existiert.
Während die Pleiße als einziges Gewässer milchig - trüb ist, empfängt einen der Floßgraben mit dem für das ganze Leipziger Revier typischen glasklarem Wasser. Dieser Graben ist mit einem Spreewald Fließ vergleichbar und führt, eingeschränkt ruderbar, zum Cospudener See. Die Leihkanus sind verschwunden, für sie ist diese Tour wohl zu weit. Vor dem See wiederum eine nagelneue Automatik Schleuse, besetzt mit 3 Bürgern besagter Stiftung. Diese hatten ehrliche Zweifel, ob ein Ruderboot in diese Schleuse passt! Beidseits der Ausfahrt befinden sich wunderschöne Badestrände des Cospudener Sees, Beach - Bar und Behinderten Badesteg, an alles ist gedacht. Das Wasser kann nicht hoch genug gelobt werden, auch bei 14° C ein Bad wert. Am See gibt es den Hafen Zöbigker, mit zahlreichen Freßbuden, Ausleihen und maritimer Mütze ist dort des Volkes wahrer Himmel. Für den überschaubar großen See liegen eine Unmenge Segelboote im Hafen, nicht vorstellbar, was bei Wind auf dem See los sein kann. Eigentlich wollten wir die nicht fertig gestellte Wasserverbindung zum Zwenkauer See, die unter der Autobahn 38 durchführen soll, umtragen. Der Weg erwies sich als zu weit und schlecht, so wurde zum Westufer gerudert und die Umsatzstelle in die Weiße Elster gesucht. Diese war sehr schwer zu finden, sie liegt etwa 400 m nördlich eines Segelvereins. Leider gibt es kein Merkmal oder Schild, was darauf hin weist. Es ist der einzige asphaltierte Weg, der Richtung Knautkleeberg-Knauthain führt. Nach 500 m erreicht man eine Elster Brücke und hat Mühe, das Boot über eine sehr tiefe und steile Böschung zu Wasser zu bringen. Heftige Strömung sorgt für eine flotte Fahrt, trotz Niedrigwasser gab es keine Probleme. Schnell hat man das Wehr Großzschocher erreicht, wo ein Aussetzen rechtsseitig, kurz vor der Wehrkante empfohlen wird. Das Unterwasser ist sehr wild, aber man sieht in etwa 150m den Steg der Kanuten vom Leipziger SV Süd West. Auch hier alles verschlossen statt touristisch erschlossen. Nach reichlich 2 km ist man wieder an der "Umtrageeinrichtung" zum Elsterflutbett.
Für eine Erkundungstour durch das unterhalb des Palmgartenwehres liegende Elsterflutbecken und der weiter stromab liegenden Gewässer blieb uns keine Zeit. Einheimische berichteten, dass es auch dort keine Baufortschritte gibt. Schauen wir, was die Zukunft bringt. Diesen Bericht und viele Bilder gibt es auch unter www.nieschütz.de.